Der Zyklus der weiblichen Stimme
Während Männer meist sagen, dass ihre Stimme gefühlt immer gleich klingt, klagen Frauen eher darüber, dass ihre Stimme sehr wechselhaft ist und sie eigentlich nicht wissen woran das liegt. Die Stimme der Frau unterliegt naturbedingt hormonellen Schwankungen, welche sich auch im Stimmklang bemerkbar machen. Stimme und Zyklus sollten daher im Einklang betrachtet werden.
Der Einfluss von Hormonen auf die Stimme der Frau
Das einwandfreie Funktionieren unserer Stimme ist von vielen Faktoren abhängig. Sie verändert sich je nach Stimmung, körperlicher Verfassung und Erfahrungen die wir gemacht haben. Die Wörter „Stimme“ und „Stimmung“ haben den gleichen Wortstamm und sind unmittelbar miteinander verbunden.
Fühlt sich etwas nicht stimmig an oder fühlen wir uns verstimmt, dann hat dies Einfluss auf unseren Stimmklang. Die weibliche Stimme ist das gesamte Leben lang hormonellen Einflüssen und Schwankungen ausgesetzt, die sich in der Stimme und Stimmung bemerkbar machen.
Der Kehlkopf reagiert als sekundäres Geschlechtsmerkmal sensibel auf hormonelle Einflüsse. Diese hormonbedingten Stimmschwankungen führen oft zu Verunsicherung. Das Wissen und das Bewusstsein darüber können helfen, Stimmveränderungen einzuordnen und mit mehr Gelassenheit zu betrachten.
Der Zyklus der weiblichen Stimme während der Menstruation
Während des monatlichen Menstruationszyklus ändert sich der Hormonhaushalt des Körpers und typabhängig die Verlässlichkeit und der Klang unserer Stimme. Das Hormon Östrogen hemmt im Allgemeinen den Knochenabbau und ist für die Wiederherstellung von Haut und Schleimhäuten zuständig. Das Hormon Progesteron hingegen entzieht den Schleimhäuten Wasser und führt zur Trockenheit der Stimmlippen. Stimme und Stimmung bedingen sich während der gesamten Zyklusdauer gegenseitig: Ist die Stimmung gut, funktioniert auch unsere Stimme gut.
Stimm(ungs)volle Phase
Ab dem dritten bis vierten Zyklustag bis zum Eisprung gibt es hormonbedingt kaum Einschränkungen der Stimmleistung. Das Östrogen und das Progesteron sind anfänglich beide auf einem gleichbleibenden niedrigen Niveau. Dieser konstante Hormonstatus wirkt sich positiv auf das stimmgebende System aus und ist ausschlaggebend für die Stimm- und Stimmungsgüte in dieser Phase.
Der Östrogengehalt steigt dann in etwa der Mitte der ersten Zyklushälfte an. Kurz vor dem Eisprung ist der Anstieg der Östrogene am höchsten. Die Schleimhäute der Stimmlippen sind gut versorgt, die Stimme ist leistungsfähig und kraftvoll und so fühlen wir uns auch. Die Phase vor dem Eisprung eignet sich um aktiv und kreativ zu sein und der Stimme Ausdruck zu verleihen. Auch während des Eisprungs gibt es stimmlich wenig Einschränkungen und auch das Stimmungshoch hält noch an.
Stimm(ungs)schwankungen
Die Östrogenkonzentration sinkt mit Beginn des Eisprungs auf ein geringeres Niveau ab. Der Progesterongehalt steigt hingegen nun in der zweiten Zyklushälfte über das Niveau des Östrogens hinaus. Die Dominanz des Progesterons führt zur Trockenheit der Stimmlippen und zu zäheren Schleim auf den Schleimhäuten. Bedingt durch vermehrte Wassereinlagerungen sind die Stimmlippen nun dicker und schwingen träger. In dieser Phase treten daher eher Probleme mit der Stimme auf. Sie ist unzuverlässiger, angestrengter, weniger tragfähig, belegter und klingt rauer als kurz vor dem Eisprung. Auch unsere Stimmung leidet. Dies ist auch die Zeit in der bei Frauen Symptome des prämenstruellen Syndroms auftreten können. Diese Phase kann genutzt werden um sich selbst und der Stimme mehr Auszeiten zu gönnen.
Stimme in der Transformation
Wenn keine Befruchtung der Eizelle stattfindet sinken der Progesteron- und Östrogenspiegel in der prämenstruellen Phase ab. Die Gebärmutterschleimhaut wird abgestoßen, was zur Menstruationsblutung führt. Oft haben Frauen nun weniger Kraft und Ausdauer, was auch vom Stimmklang gespiegelt wird. Auch während der Periode bietet es sich an, Ruheoasen zu schaffen. Nach der Menstruation befinden sich das Östrogen und das Progesteron wieder einige Zeit in Balance, bis das Östrogen wieder zu steigen beginnt und wir wieder auf den Eisprung zusteuern, was unserer Stimme erneut zur Hochleistung verhilft.
Stimme und Pille
Durch die Einnahme der Pille wird die Östrogen- und Progesteronkonzentration im Körper künstlich auf einem gleichbleibenden Niveau gehalten, wodurch die Freisetzung der Eizelle verhindert wird. Durch ein relativ stabiles hormonelles Gleichgewicht gibt es bei Einnahme der Pille im Normalfall weniger Stimm- und Stimmungsschwankungen. Die Pille verhindert jedoch auch, dass wir unseren Zyklus mit seinen unterschiedlichen Qualitäten durchleben.
Schwankungen liebevoll annehmen
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Stimme der Frau bedingt durch Schleimhaut- und Gewebeveränderungen der Stimmlippen während des ganzen Lebens auf Hormonschwankungen reagiert. Wie stark die Stimme diesen Schwankungen unterliegt ist ganz individuell. Allgemein kann man jedoch sagen: Beansprucht ist die Stimme vor allem vor der Menstruation. Auch während den ersten Tagen der Periode will die Stimme unter Umständen noch nicht so, wie wir uns das wünschen. Am besten funktioniert die Stimme vor und während der Phase des Eisprungs.
Umso mehr man gegen diese hormonbedingten Schwankungen der Stimme ankämpft, desto belastender sind diese für den Stimmgebungsapparat. Nehmen wir die natürlichen Schwankungen als naturgegeben an, so fallen die Stimmbeschwerden meist erheblich geringer ins Gewicht. Ein bewusster und liebevoller Umgang mit unserer Stimme, unseren Stimmungen und mit uns selbst ist daher immer von Vorteil. Prinzipiell gilt: Singen hält die Stimme ein Leben lang fit.
Wenn du ebenfalls Unsicherheiten gegenüber deiner eigenen Stimme verspürst, oder du dich für das Thema Stimme interessierst, dann lege ich dir meine Stimmtherapie ans Herz.
Deine Amelie Zech, Stimmtherapeutin, Yogalehrerin und Seminarleiterin für Progressive Muskelentspannung